Kirche St. Raphael, Echterdingen
Nach der Reformation waren die Fildergemeinden des Herzogtums Württemberg, also mit Ausnahme von Neuhausen, praktisch rein evangelisch. Im Jahre 1883 wurde in Hohenheim für katholische Studenten und Professoren der Landwirtschaftlichen Hochschule ein regelmäßiger katholischer Gottesdienst eingerichtet. Mit dem Ausbau des Flughafens Stuttgart und der damit verbunden Industrialisierung ließen sich einige Katholiken in den Nebenorten der Pfarrei Neuhausen nieder. Bei der Volkszählung 1933 gab es in Echterdingen unter 2589 Einwohnern 63 Katholiken. (1939 schon 247 und 1942 dann 300 Katholiken). Ab 1942 wurde von Neuhausen aus ein zweiwöchiger Sonntagsgottesdienst in Echterdingen eingerichtet, und zwar im Betsaal der Methodistengemeinde, später in der evangelischen Stadtkirche.
Durch den Zuzug von Heimatvertriebenen nach dem Krieg stieg die Zahl der Katholiken sprunghaft an. Von der Muttergemeinde Neuhausen wurde ab 1947 der Bau einer eigenen Kirche in Echterdingen vorangetrieben (Kurat Kuchelmeister).
Grundsteinlegung war am 26.6.1955.
Am 9. September 1956 konnte die Kirche zu Ehren des heiligen Erzengels Raphael (Patron der Reisenden im Blick auf den Flughafen) von Bischof Carl Joseph Leiprecht konsekriert werden (Architekt: Hans Georg Reuter, Stuttgart).
Mit Urkunde vom 5. Januar 1961 wurde die Katholische Kirchengemeinde St. Raphael in Echterdingen (mit Stetten) durch den Bischof errichtet.
Ab 2000 bilden die beiden Gemeinden St. Raphael in Echterdingen und St. Peter und Paul in Leinfelden eine Seelsorgeeinheit, ab 2003 mit einem gemeinsamen Pfarrer. Seit 1. Januar 2019 bilden beide Gemeinden auf der Verwaltungsebene die Gesamtkirchengemeinde Leinfelden-Echterdingen.
Pfarrer von St. Raphael: von 1957 - 1979 Georg Kasprzyk; 1980 - 1988 Franz Tuscher; 1988 – 2003 Hans Mikusch; 2003 – 2009 der bisherige Pfarrer von Leinfelden, Bernhard M. Winckler; ab 2009 - 2023 Hans Stehle
Gestaltung
Der Kirchenraum ist klar, durchsichtig, symmetrisch konzipiert, in Anlehnung an die frühchristliche Basilika-Form (Hauptschiff mit zwei Seitenschiffen). Die Chorwand ist durch ein kreisrundes Fenster (Rosette) durchbrochen, dessen Kunstglas (von Kunstmaler Vees) die Dornenkrone und Leidenswerkzeuge Jesu darstellen. Das holzgeschnitzte Kreuz mit dem überlebensgroßen Christus wurde von Bildhauer Schnepf in Ellwangen gefertigt und von den Katholiken von Schwäbisch Gmünd gestiftet. Es ist eine Kopie des Kruzifixes von St. Wolfgang in Ellwangen. Die beiden Graffiti: links des Chores die Krönung Mariens, rechts Erzengel Raphael wurden entworfen und ausgeführt durch Kunstmaler Hirt, Stuttgart. Der Kreuzweg ist in Kunstglasmalerei in den Fenstern eingearbeitet, ebenfalls von Kunstmaler Hirt (1961). Der wegen der Flugschneise so niedrig gehaltene Turm birgt in seinem Erdgeschoss die Taufkapelle, mit Darstellung der Kreuzabnahme und Grablege.
Die Figur der Mutter Gottes auf dem linken Seitenaltar ist eine farbig gefasste neugotische Figur, die Maria als Immaculata darstellt.
Im hinteren Teil eine vollplastische, barocke Darstellung des Geißel- Heilandes mit Leuchter, sowie eine Figur des Heiligen Antonius.
Die Orgel der Orgelbauwerkstätte Weigle wurde 1966 eingeweiht, 2018 renoviert.
Bald schon wurde die Einrichtung im Zuge der Bestimmungen der Liturgiereform durch das Zweite Vatikanische Konzil umgestaltet und neu gestaltet (1971). Mit den künstlerischen Arbeiten wurde der Bildhauer Gerhard Tagwerker (Echterdingen) beauftragt:
Der Taufstein aus fränkischem Muschelkalk (wie auch Tabernakel, Altar, Ambo) zeigt auf seinen vier Seiten eine Kerze (Christus, das Licht der Welt), sowie alttestamentlich Vorbilder: Der Schöpfergeist Gottes über den Wassern; die Sintflut zur Reinigung und die Arche Noah als Sinnbild der Aufnahme in Gottes Obhut, sowie der Quell, den Mose zur Labung des dürstenden Volkes in der Wüste aus dem Felsen schlug. Der Deckel zeigt die vier Gnadenströme aus dem Paradies, über denen der Heilige Geist in Gestalt einer Taube sich erhebt als Zeichen dafür, dass er mit den Gnaden des Taufsakramentes die ganze Welt mit ihren vier Himmelsrichtungen erfassen möchte.
Der Tabernakel mit Bronzeverkleidung stellt auf drei Seiten abstrahiert das Thema der wunderbaren Brotvermehrung dar.
Im Altar kommen das Alte Testament (Stipes, Unterbau) und das Neue Testament (Mensa, Tischplatte) zusammen und tragen das Geheimnis des Neuen Bundes in der Eucharistie.
Der Ambo mit der Symbolik des Heiligen Geistes, der „Tisch des Wortes“ korrespondiert mit Tabernakel und Altar dem "Tisch des Brotes".
Osterleuchter (mit Motiv "Jona und der Fisch" als österlichem Symbol der Auferstehung), Kerzenständer bei der vorgerückten Marienstatue und Vortragekreuz kamen hinzu
Weitere Einrichtungen der Gemeinde: Pfarrhaus (1960); Gemeindehaus 1981; Kindergarten St. Michael (1967/2014); (Erlach-Kindergarten (1972) in städtischem Gebäude, 2015 umgezogen)> ab 2018 „Kindergarten St. Gabriel“
Tagsüber und wenn das Pfarramt besetzt ist, ist die Kirche von der rechten Seitentür zu betreten und lädt ein zu stillem Gebet und Besinnung.
Katholische Kirche
St. Raphael
Bonländer Straße 35
70771 Leinfelden-Echterdingen
(Stadtteil: Echterdingen)